Hi
Seele: Hi
Ich habe über meine Negativität gelernt. Ich konnte meine Negativität nicht ausstehen. Ich dachte immer es hat etwas mit Nicht-Können zu tun. So richtig meine ich.
Seele: So richtig?
Ja, wenn man etwas so gar nicht kann. So bis ins tiefste Herzen nicht.
Seele: Und was noch?
Wenn man etwas so gar nicht will. Bis ins tiefste Herzen nicht.
Seele: Mhm.
Aber man kann es nicht ändern. Man kann es einfach nicht ändern.
Seele: Nein, in dem Moment konntest du wirklich nichts im Außen ändern.
Und jetzt frage ich mich, ob diese Negativität nicht auch etwas damit zu tun hat, was man so abwehren musste. Was man aber nicht abwehren durfte. Und dann kommen so viele Glaubenskonzepte daher, die dir sagen, dass es nicht gut ist negativ zu sein. Oder die einfach nur Blümchen malen möchten, wo dir gerade das Herz heraus gerissen wurde.
Aber ich frage mich jetzt, ob das wirklich stimmt. Ist Negativität wirklich so schlecht.
Seele: Und?
Wie kennt man den Unterschied?
Seele: Den Unterschied.
Naja, die Negativität die schlecht ist und die Negativität, die auch auf etwas hinweist. Gut ist wenn du so willst.
Seele: Negativität ist etwas das etwas verneint, etwas nicht möchte. Auch hier ist nichts per se schlecht. Ich spüre, dass es dich erleichtert. Diese Negativität die nicht schlecht ist. Die die du nicht loslassen wolltest, weil noch eine Wahrheit darin verborgen lag und liegt. Es ist diese Wahrheit die du suchst. Das was einmal verneint wurde und doch nicht gehört und doch nicht gesehen wurde.
Ich bin verwirrt.
Seele: Es gibt eine Wahrheit in den Dingen die oft nicht erkannt oder gesehen werden kann. Die Dinge können sogar verändert werden ohne dass diese Wahrheit unbedingt erkannt wird. Es ist deine Wahrheit. Das was du gesehen und erlebt hast. Das was du verstehen möchtest. Das was du nicht einfach beiseite schieben möchtest. Es sind tiefe Erkenntnisse wenn man etwas sehr schwieriges erlebt hat. Und du weißt auch, dass du nicht die Einzige bist, die solch schwierige Dinge erlebt hat. Du hast die Menschen gesehen, die festsaßen, nicht loskamen von dem Leid. Du hast mitgeholfen es zu lösen.
Ich war nicht besonders gut. Ich habe lange gebraucht. Ich habe selber dabei viel verloren und vieles gar nicht erkannt.
Seele: Ja du hast viel verabsäumt was du gerne getan und gesehen hättest. Aber du hast einen wertvollen Teil dazu beigetragen, dass etwas transformiert wird und wurde was sonst unter den Teppich gekehrt wurde. Was ewig und länger wiederholt wurde. In all dem Schmerz, bist du immer wieder dorthin gegangen, wo es noch etwas zu lösen gab. Du hast dich nicht weggedreht, obwohl du die Chance dazu gehabt hättest. Du hast diesen Faden der Wahrheit nie losgelassen. Du bist nicht so schrecklich wie du glaubst, so unfähig wie es dir vorkommt. Du hast Dinge gemacht und gesehen wo andere schon lange weitergezogen sind. Wo andere nur ungläubig und unwillig den Kopf geschüttelt haben. Du bist dran geblieben.
Viele Menschen, vor allem wenn sie nicht „erfolgreich“ sind, haben das Gefühl versagt zu haben. Das ist schade und auch nicht richtig. Der Druck von Außen ist so stark, dass die innere Schönheit vieler Menschen zu zerbrechen scheint. Sie ziehen sich dann zurück und begnügen sich mit etwas, dass sie nach Außen vertreten können. Das ist auch verständlich, aber wirklich schade. Denn gerade dort, wo die Dinge nicht so gut laufen, kommt euer Inneres oft durch. Da wo das – es wird oft Ego genannt – keinen Erfolg hat, da können aus Samen Blumen wachsen die nur ihres Seins wegen da sind. Nicht, weil sie jemanden imponieren möchten.
Aber was ist mit dem verletzten Ego. Das ist auch ziemlich groß oder kann sehr groß sein.
Seele: Ja diese verletzten Egos, wie du sie nennst, sind der Grund von viel Unglück. Das nicht gesehen werden wird dann zur dauerhaften Kränkung die so schwer zu überwinden scheint.
Und wie kann das gelöst werden?
Seele: Es kann durch die Liebe gelöst werden. Durch die wahrhafte Liebe. Hättest du zum Beispiel deine Negativität geliebt, wäre sie schon geheilt. Aber es war dir nicht bewusst wie sehr du sie ablehnst. Und hier kommt wieder das Hinsehen, das Erkennen, das Anschauen das Wahrnehmen ins Spiel. Dort wo du erkennst, auch was nicht gut zu sein scheint und du kannst es lieben, annehmen oder achten, dort gibt es Heilung. Ob es nun in dir ist oder auch für andere ist.
Du weißt noch, als jemand über „geschändete“ Menschen gesprochen hat und du dich furchtbar darüber aufgeregt hast, dass das Wort „geschändet“ verwendet wurde anstelle von vergewaltigt oder missbraucht. Da bist du zu dem ‚Feld der Toten‘ – wie du es genannt hast (eigentlich sind es keine Toten) – gegangen und hast all diesen misshandelten Menschen die so verzweifelt und wie in einer Schockstarre sind – so nimmst du sie wahr – gesagt, dass sie nicht geschändet sind. Sie tragen keine Schande in oder an sich. Egal was man ihnen angetan hat, sie sind frei. Das ist das was du gesagt hast. Und wenn du dich weiter erinnerst, ging eine große Erleichterung durch dieses Feld. Es hatte sich etwas befreit. Manches war tatsächlich transformiert und tiefgreifend verändert.
Ich weiß, du fühlst dich schlecht. Da ist noch dieses Gefühl von Schuld und auch schmerzhafter Scham in dir. Du hast noch immer das Gefühl, du hast etwas so tiefgründig falsches gemacht, dass dir allein dafür schon allerlei Strafe gebührt. Aber dem ist nicht so. Du hast in deinem Rahmen agiert, mit deinen Möglichkeiten und die waren sehr begrenzt. Liebe auch diesen Anteil in dir, der so hilflos war, der so traurig und verzweifelt, der den Terror gesehen hat. Gerade diese Teile brauchen deine Liebe. Gerade diese Teile dürfen sich weiterentwickeln und dürfen erkennen, dass sie aus der Situation oder den Situationen hinausgewachsen sind. Auch sie dürfen leben und müssen nicht ihr Leben lang mit den gleichen Bildern ausharren. Sie sind geliebt. So wie die Person, die du jetzt bist. Auch sie ist geliebt. Geliebt für ihren Mut, ihre Kraft, ihre Stärke, ihr Zaudern, ihr Versagen, ihre Angst. Das alles kannst du annehmen. Fühle dich für sie verantwortlich, denn das bist du. Denn warum auch immer das was da ist da ist. Es ist jetzt deines und das war es schon immer.